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  • AutorenbildMiss Cooper

Kate Summerscale - Phobien und Manien


1.Auflage : 2023

Originaltitel : The Book of Phobias and Manias. A History of the World in 99 Obsessions

Verlag : Klett-Cotta


Klappentext:

Schrecken Sie beim Anblick einer Spinne zurück, oder zucken Sie, wenn ihr Handy nicht in Reichweite ist?

Grenzen Ihre Bücherkaufgewohnheiten an Bibliomane? Zählen Sie alles an sich herum oder springen Sie auf einen Stuhl, wenn

Sie eine Maus sehen? Unsere Phobien und Manien sind so widersprüchlich wie vielfältig und haben eine lange Geschichte.



Rezension:

Tief in uns verankert liegt sie, die Angst. Ewig lauernd. Wodurch sie ausgelöst wird ist dabei ganz individuell und bis zu einem gewissen Grad auch nützlich. Instinktiv warnt sie uns vor Gefahren, beispielsweise wilden Tieren oder zu großen Höhen. Angst macht uns umsichtig und Handlungsbereit. Doch wenn die Furcht einer Situation oder einem Objekt gegenüber exzessiv und nicht mehr angemessen ist, spricht man von einer Phobie. Einem übersteigerten Angstgefühl welches von Herzrasen, Benommenheit, Übelkeit, Schwindel, Taubheit und Krämpfen begleitet wird. In der Psychoanalyse geht man davon aus, dass die Phobie als Folge eines inneren Konflikts entsteht. Um diesem Konflikt aus dem Weg zu gehen wird dieser einfach in Form einer Phobie ausgelagert. Auch verdrängte Erinnerungen, oder ein Schock kann dieses Nervenleiden auslösen. Doch einige Phobien benötigen überhaupt keinen Auslöser, sie entstehen spontan und haben eher eine evolutionäre Ursache. Sie sind in jedem Fall komplex und können sich für die Betroffenen auf diverse Bereiche ihres Lebens auswirken. Schätzungsweise zwanzig Prozent der Menschen leiden mindestens einmal in ihrem Leben an einer Angststörung, von denen mittlerweile rund vierhundert diagnostiziert und beschrieben wurden. Während Phobien eine Manifestation der Angst darstellen, sind Manien völlig anders gelagert. Sie gehören zu den affektierten Störungen, also den Stimmungserkrankungen und drücken sich durch unpassendes Verhalten, Maßlosigkeit, erhöhtem Rededrang, Sprunghaftigkeit und Selbstüberschätzung, bis hin zum Größenwahn aus. Erkrankte können ihr Handeln oft nicht mehr einschätzen und ihre Aktivitäten befinden sich weit über dem Normalniveau. Eine Manie ist weit mehr als eine Phase guter Laune sie ist eine Impulskontrollstörung, deren Auslöser multifunktionell sind. Es wird vermutet, dass nicht nur psychosoziale Belastungen wie Stress verantwortlich sind, sondern auch hereditäre und biologische Ursachen einfließen. Einige dieser Angst- und Zwangsstörungen beschreibt die preisgekrönte Sachbuchautorin Kate Summerscale in ihrem Kompendium „Phobien und Manien“


In einer knappen Einleitung erfasst sie zunächst alle Manien und Phobien auf die sie später detailliert eingehen wird. Doch bevor es soweit ist, gewährt sie einen Exkurs in die Geschichte dieser Krankheitsbilder. Wann sie das erste mal benannt wurden, 1786 durch den Arzt Benjamin Rush. Aus welchem Grund unsere Psyche sie überhaupt entstehen lässt. Warum Frauen und noch viel häufiger Kinder von diesen spezifischen Ängsten betroffen sind. Welche Rolle die Gesellschaft und das persönliche Umfeld bei deren Entstehung spielt und wie sich eine kognitive Verhaltenstherapie auswirken kann. Jede der von Kate Summerscale aufgelisteten psychischen Störungen wird erläutert und mit anschaulichen Beispielen von Betroffenen belegt. Nicht selten lässt sie Zitate von angesehenen Wissenschaftlern einfließen und versucht zu veranschaulichen, woher bestimmte Ängste, oder Zwänge herrühren und verweist auf ähnlich gelagerte Phobien und Manien.


„Wir werden alle getrieben von unseren Ängsten und Sehnsüchten, und nicht selten sind wir sogar ihre Sklaven.“


Für mich, die leidenschaftlich gerne Küchentisch-Psychologie praktiziert ist Kate Summerscales kurzgefasstes Lehrbuch „Phobien und Manien“ ein absoluter Zugewinn. Ihr sprachlicher Duktus ist dabei leicht verständlich und überaus unterhaltsam. Die Berichte der Betroffenen sind teilweise so bizarr und illusionär, dass ich mich frage wie verflochten die menschliche Psyche sein muss, um diese Angst- und Zwangsstörungen entstehen zu lassen. Doch wie vernunftwidrig diese zu sein scheinen, besitzen sie fast alle einen rational erklärbaren Auslöser. Auch hinter jeder Manie steckt ein psychisch belastender Ursprung. Allerdings lässt sich bei einer Vielzahl von ihnen schwieriger von einer fixen Idee und einer pathologischen unterscheiden, so dass diese einfach oft vorgetäuscht werden, um beispielsweise einer Strafe vor Gericht zu entgehen. Kate Summerscales Kompendium hat mir einen faszinierenden Einblick in die humane Psyche gewährt und mir auch bewusst gemacht wie gedankenlos ich mit dem Begriff „Phobie“ um mich werfe.


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