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  • AutorenbildMiss Cooper

Oscar de Muriel - Das Geheimnis von Windsor Castle

Aktualisiert: 30. Okt. 2022


1.Auflage : 2021

Original Titel : The Dance of the Serpents

Verlag : Goldmann



Klappentext :

Edinburgh 1889. Frey und McGray haben schon einige ausweglose Situationen erlebt. Doch als sie mitten in der Nacht von Premierminister Salisbury zu einem Treffen geladen werden, stehen der feine Engländer und sein schottischer Vorgesetzter vor dem Ende. Denn niemand anderes als Ihre Majestät Queen Victoria trachtet den Inspectors nach dem Leben. Die einzige Hoffnung auf Begnadigung: die Erfüllung einer Mission, die einem Todesurteil gleichkommt. Denn sie führt zurück zu den Hexen von Pendle Hill. Zum tragischen Fall von McGray wahnsinniger Schwester und zu einem Geheimnis, das das englische Königshaus in seinen Grundfesten erschüttert…





Rezension :

Alexandrina Victoria von Kent ist nervös als sie durch das Querschiff von Westminster Abbey schreitet. Alle Augen sind auf sie gerichtet, verfolgen jeden ihrer zaghaften Schritte. Endlich erreicht sie den Chair of Estate und setzt sich. Doch es ist nur ein kurzes Ausruhen. Es folgt eine schier endlos lange Zeremonie, deren Strapazen sie mit Würde und Contenance erträgt. Denn am Ende dieser Prozession wird sie die Herrscherin über das mächtigste Land Europas sein und das gerade einmal mit 19 Jahren. Einem Alter in dem man jungen Mädchen höchstens zutraut sich selbst einen Hut auszusuchen, aber doch nicht ein ganzes Land zu regieren. Trotz aller Zweifel und Vorurteile ist das britische Volk schon bald entzückt von seiner kleinen, nur knapp einen Meter fünfzig großen, sehr tugendhaften Monarchin. Und die frisch gekrönte Victoria schreitet auch sofort ans Werk. Eine ihrer ersten Amtshandlungen besteht darin, ihre kontrollsüchtige Mutter, mit der sie bisher das Zimmer teilen musste in einen weit, weit entlegenen Flügel des Schlosses zu verbannen. Eigensinnig und starrköpfig wie sie ist, besteht sie auch darauf das Land allein zu regieren und weigert sich vehement zu heiraten. Bis ihr Cousin, Albert von Sachsen-Coburg-Gotha sie besucht und sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Es folgt eine dieser seltenen royalen Liebeshochzeiten. Zwanzig Jahre ist der ewig geduldige, unermüdliche Albert ihr wichtigster Ratgeber und engster Vertrauter. Als er stirbt zerbricht die sonst so schillernde, ungestüme Victoria. Fast drei Jahre verschanzt sie sich hinter ihren dicken Schlossmauern und meidet die Öffentlichkeit vollständig. Für das Volk wird sie zu der schrulligen Witwe von Windsor. Einer kleinen, dicken, ewig griesgrämig blickenden Frau, die statt der Krone nur ihre weiße Witwenhaube trägt. Der Erinnerungskult um ihren toten Albert wird für Victoria zur Obsession. Selbst Jahre später darf in seinem Zimmer nichts verändert werden, sogar der Rasierschaum wird täglich für den Verstorbenen bereitgestellt.


Das vereinigte Königreich 1889. Queen Victoria tobt vor Wut. Das Fest der Liebe rückt immer näher. Und wie jedes Jahr an Weihnachen, möchte sie auch in diesem Jahr eine Séance durchführen, um mit ihrem geliebten Mann Albert, der mittlerweile vor fast dreißig Jahren von ihr gegangen ist, Kontakt aufzunehmen. Doch ist es ihr an diesem Weihnachtsfest nicht möglich. Und warum, weil zwei abgehalfterte Detectives ausgerechnet die beiden Hexen töteten, die das Wissen darum besaßen diese besondere spiritistische Zusammenkunft durchzuführen.


„ … Sie haben ihre Majestät davon überzeugt, dass sie, und nur sie, dazu imstande sind, mit dem Prinzen zu kommunizieren, und jeder andere, der Gleiches behauptet, ein Scharlatan sein müsse. …“


Das kann und will die Königin des Vereinigten Königreichs nicht auf sich sitzen lassen. Die beiden Detectives müssen dafür bestraft werden, hart bestraft. Sie will ihre Köpfe rollen sehen. Um die Männer ausfindig zu machen und ihren Willen auszuführen, beauftragt sie einen ihrer Premierminister mit dieser Aufgabe. Lord Salisbury zögert keine Sekunde und sendet seinerseits Männer aus, die Inspector Ian Frey und dessen Vorgesetzten Adolphus McGray zu ihm bringen sollen. Frey, der es sich gerade in seinem Morgenrock und einer Tasse Tee in seinem Lieblingssessel gemütlich gemacht hat, wird unsanft aus seinen Träumerein an vergangene Tage gerissen, als mehrere gut gekleidete, sehr kräftig und bedrohlich aussehende Männer in sein Haus eindringen und ihn unsanft in eine Kutsche verfrachten. Als er ebenso harsch wieder hinausgezerrt wird, kommt eine weitere Kutsche auf dem kleinen Innenhof des Holyrood Palace an. Aus ihr wird der wild um sich tretende McGray bugsiert. Als der Premierminister vor ihnen steht und verkündet, dass die Queen ihrer beider tot will, ist es als würde sich die Welt aufhören zu drehen.


„ Mir waren schon unverschämte, grausige, tragische und unglaubwürdige Nachrichten übermittelt worden. Diese nun aber traf bei mir einen Nerv, von dessen Existenz ich gar nichts gewusst hatte. Ich vernahm die Worte, ich begriff sie, doch es war trotzdem so, als wären sie mir in einer fremden Sprache übermittelt worden.“


Doch Lord Salisbury macht ihnen ein Angebot. Gibt ihnen die Möglichkeit ihre Köpfe aus der Schlinge zu ziehen. Das einzige was sie dafür tun müssen, ist alle noch praktizierenden Hexen zu liquidieren und nur eine zu verschonen, die eine Séance mit Victoria vollziehen kann. Der Premierminister selbst hat ebenfalls ein großes Interesse daran die Hexen tot zu sehen. Mit den über Jahre hinweg gesammelten pikanten und intimen Geheimnissen werden er und sein Sohn von ihnen erpresst. Das, soll nun ein Ende haben. Sollte dieses Unterfangen den beiden Ermittlern gelingen, verspricht er ein gutes Wort bei der Königin für sie einzulegen. Es ist zwar nur ein kurzer Strohalm, aber Frey und McGray klammern sich an diesen und beginnen sofort die losen Textsammlungen und Bücher zu durchforsten, die sie über die Hexen von Lancashire in dem vergangen Jahr gesammelt haben. Das Problem ist nur, dass sich der Zirkel, nachdem die beiden obersten Hexen von ihnen getötet wurden, in mehrere kleine aufgesplittert hat. Und die sind nun im ganzen Land verstreut. Durch Zufall ist McGray allerdings im besitz einer Karte, die die Standorte der verschiedenen kleinen Zirkel markiert. Aus der Not heraus bitten sie selbst die despotische Lady Ann Ardglass um Hilfe, denn obwohl sie McGray am liebsten die Pest an den Hals wünschen würde, verabscheut sie die Hexen, die ihrer Familie so viel Leid zugefügt haben, noch weitaus mehr. Und tatsächlich kann sie ihnen einige nützliche Informationen liefern. Eine schwarze Katze überbringt dem Ermittler Duo eine Nachricht. Pansy, McGrays Schwester schwebt in größter Gefahr. Ein Hexenzirkel der sich die Marigolds nennt ist auf dem Weg zu ihr. Sie überlegen nicht lange und reisen sofort zu den Oakley Inseln, wo sich die junge Frau derzeit in einer entlegenen Klinik für betagte Menschen befindet. Doch ihre Reise bleibt nicht unentdeckt. Sie werden nicht nur von den Männern des Premierministers verfolgt, die sie im Auge behalten sollen, damit sie keine Dummheiten begehen, sondern auch von einer Gruppe vermummter Gestalten. Ein unerbittliches Katz und Maus Spiel erwächst, welches die Ermittler nicht nur an den Rand ihrer Körperlichen Kräfte bringt, sondern ihnen auch einige mysteriöse Rätsel aufgibt.


In „Das Geheimnis von Windsor Castle“ setzt Oscar de Muriel die Geschichte um die Hexen von Lancashire fort. Einer Gemeinschaft von Frauen, die Ränke schmieden, Zauber wirken und Personen für ihre Zwecke instrumentalisieren. Auch wenn der Plot in engem Bezug zu dessen zweitem Band „Der Fluch von Pendle Hill“ steht, ist ein lesen desselbigen nicht unbedingt von Nöten, er funktioniert auch sehr gut als eigenständiger Roman, da essentielle Teile noch einmal in dem Buch aufgearbeitet werden. Es ist bereits de Muriels sechster Band, den er um das disparate Ermittler Duo, Ian Frey und Adolphus McGray gewoben hat. Zweier Männer die vom Wesen her nicht unterschiedlicher sein könnten. Der eine, ein affektierter Dandy aus London, der den heideüberwucherten, zerklüfteten Bergen und schier endlos wirkenden Mooren Schottlands noch immer nichts abgewinnen kann. Der andere, ein Schotte durch und durch, gekleidet in Tartanmuster, chaotisch, halsstarrig und ordinär in seiner Wortwahl. Und dennoch teilen sie eine grundlegende Gemeinsamkeit, die Leidenschaft für ihren Beruf. Und dafür setzten sie nicht selten ihr eigenes Leben aufs Spiel. Auch in „Das Geheimnis von Windsor Castle“ bleibt de Muriel seinem syntaktischen Stil treu, verbindet den auktorialen Erzähler mit dem Ich Erzähler, der in Form von Ian Frey auftritt. Zeichnet ein verblüffend anschauliches Lokalkolorit, streut viele kleine Hinweise aus, die erst am Ende zu einem Gesamtbild zusammenlaufen und verwebt geheimnisvolles mit realen Bezügen. Auch an dramatischen Passagen mangelt es dem knapp sechshundert Seiten langen Buch nicht. Wobei mir die Hinleitung und der Spannungsaufbau oftmals zu gekünstelt und fadenscheinig daherkam. Generell ist die Abfolge der Ereignisse sehr verworren. Es geschehen zu viele Dinge in zu kurzer Zeit. Verfolgungsjagden, Handgemenge, Morde. Und dann zwischendrin diese Kryptischen Auszüge aus einem Tagebuch, dessen Schreiber erst am Ende des Buches ein Gesicht bekommt. Welches aber nur einen entfernen Bezug zu dem eigentlichen Plot hat. Und ganz ehrlich haben sie auch am Ende für mich keine wirkliche Bewandtnis. Es ist aber nicht die einzige unlogische Textpassage. „Das Geheimnis von Windsor Castle“ ist gespickt von Logikfehlern und losen Enden. Das Buch ist einfach zu schmal, als das all diese Verästelungen zu einem befriedigenden Schluss kommen könnten. Es sind zu viele Handlungen, die am Ende nur noch verwirrend und kompliziert gestaltet sind. Ich hatte gar keine Zeit bestimmte Ereignisse auf mich wirken zu lasen, vielleicht ist mir auch aus diesem Grund der Höhepunkt des Buches nicht aufgefallen. Es gab da nur diese unzähligen, rasanten Verfolgungsjagden. Auch das Zusammenspiel seiner Protagonisten ging fast vollständig verloren. Wobei mir McGray, der Schotte mit dem losen Mundwerk, den ich zu Beginn so erfrischend fand, zuletzt ziemlich auf den Geist ging. Kaum ein Satz der seinen Mund verlässt, ist nicht mit einem vulgären Schimpfwort versetzt. Alles in allem ist mein Fazit zu „Das Geheimnis von Windsor Castle“ ziemlich ernüchternd. Aber ich bin mir sicher, dass sein nächster Roman wieder mehr meinen Geschmack treffen wird.


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