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  • AutorenbildMiss Cooper

Simon Beckett - Totenfang

Thriller

1. Auflage : 2017

Originaltitel :The Restless Dead

Verlag : Wunderlich


Klappentext:


Die Gezeiten spülen einen Toten auf eine schlammige Sandbank in den Backwaters, einem abgelegenen Mündungsgebiet in Essex.

Die Wasserleiche ist stark verwest, Hände und Füße fehlen. Das Gesicht ist nicht mehr zu erkennen. Trotzdem glaubt die Polizei zu wissen, um wen es sich handelt: Ein junger Mann aus dem Ort ist seit Wochen verschwunden, alles deutet auf Selbstmord hin. Doch dem forensischen Anthropologen Dr. David Hunter kommen Zweifel, als am nächsten Tag ein Fuß geborgen wird. denn der gehört zu einer anderen Leiche, da ist er sich sicher. Kurz darauf treibt eine andere Leiche im Wasser…




Rezension:


Eine gefühlte Ewigkeit habe ich auf eine Fortsetzung der David Hunter Reihe gewartet, tatsächlich waren es sechs Jahre, die ins Land zogen seitdem Simon Beckett seinen vom Schicksal gebeutelten, stillen und introvertierten Kriminalhelden, den forensischen Anthropologen David Hunter von der Bildfläche verschwinden ließ. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben jemals wieder etwas über ihn zu lesen, doch dann lag es vor mir, auf dem Transportband einer Supermarktkasse, umgeben von Gebäck, Tee und Pfeifentabak. Für den Bruchteil einer Sekunde setzte mein Herz aus. Also zurück zum Presseregal, das letzte Exemplar zu meinen Einkäufen legend und mich noch einmal ganz hinten in der endlos langen Schlange der Kasse anstellend. Aber das war es mir wert. Immerhin habe ich den Supermarkt dann mehr als glücklich mit Simon Becketts neusten Werk „Totenfang“ verlassen.


Wenn man eine so lange Zeit auf ein Buch wartet, werden die Ansprüche nicht gerade geringer und nach sechs Jahren des Wartens sind sie nun auch schier ins unermessliche gestiegen. Ich weiß, ich weiß zu hohe Erwartungen mindern das Lesevergnügen, aber sie waren nun einmal da. Vielleicht setzte ich meine Hoffnung in „Totenfang“ schon aus dem Grund weil mich sein letzter Roman „Verwesung“ im Gegensatz zu seinen Vorgängern nicht gerade in atemloses Staunen versetzt hat.


Der erste Absatz trifft sofort einen Nerv mit seiner Beschreibung wie sich ein lebloser Körper im Wasser verhält.

„Doch das Wasser treibt noch eine weitere Transformation voran. Die Weichteile zersetzen sich, die Fettschicht unter der Haut zerfällt und ummantelt den einst lebenden Körper mit einer dicken fettigen Hülle. Diese Substanz nennt man Adipocire oder Leichenwachs, sie ist aber auch unter einem weniger makaberen Namen bekannt. Seife.“

Das ist doch schon mal ein guter Anfang dachte ich bei mir, nichts für empfindsame Mägen, aber genau meinen Wünschen entsprechend. Also bin ich guter Dinge was die folgenden Seiten betrifft.


In den Backwaters von Essex wird eine Leiche geborgen, der bei der Polizei in Ungnade gefallene forensische Anthropologe Dr. David Hunter soll bei der Bergung dabei sein.

„Als forensischer Anthropologe wurde ich immer dann gerufen, wenn menschliche Überreste gefunden wurden, die zu verwest oder zerstört waren, als das ein Rechtsmediziner noch etwas mit ihnen hätte anfangen können.“

Er ist ziemlich erstaunt darüber das die Polizei wirklich ihn mit an Bord haben will, denn seit seinem letzten Fall, bei dem mehrere Polizisten verletzt und getötet wurden, ist sein guter Ruf ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden. Um so mehr freut er sich auf diesen neuen Auftrag. Die Polizei vermutet das es sich bei den sterblichen Überresten um den 31-Jährigen Leo Villiers, Sohn eines Großgrundbesitzers handelt, der vier Wochen zuvor verschwunden ist. Nicht nur die Polizei, sondern auch sein Vater gehen davon aus das er Selbstmord begangen hat. Denn Leo stand unter dem Verdacht seine ehemalige Affäre Emma Darby getötet zu haben, die seit sechs Monaten vermisst wird. Der geborgene Leichnam bestätigt diese Vermutung, denn er trägt nicht nur Leo’s Kleidung und seinen Schmuck, sondern auch das, was von seinem Kopf übrig geblieben ist weist darauf hin, das er sich mit einer Schrotflinte ins Gesicht geschossen hat. Hunter hingegen hegt leise Zweifel was die Identität des Toten angeht, doch er behält diese für sich. Da für alle anderen klar ist um wen es sich handelt, gibt es für Hunter nichts mehr zu tun. Bei dem Versuch eine Abkürzung aus den engen Kanälen der Backwaters zu nehmen, bleibt sein Wagen in einer Wattrinne stecken. Alle Bemühungen es frei zu bekommen scheitern, doch glücklicherweise wird er von dem Anwohner Andrew Trask aufgelesen und abgeschleppt. Trask bietet ihm an in dessen Bootshaus zu bleiben, bis sein Wagen repariert wurde. Bei dieser Gelegenheit erfährt er das er ausgerechnet bei Emma Darbys Familie

untergekommen ist. Hunter der am nächsten Morgen nach Hause aufbrechen will, erinnert sich plötzlich an einen ungewöhnlichen Turnschuh den er am Vortag gesehen hat und er will seiner Vermutung nachgehen, auch wenn er nicht mehr Teil des Teams ist. Zusammen mit Rachel, Emmas Schwester macht er sich auf die Suche nach besagtem Schuh. Sie finden ihn. Dr. Hunters Annahme das sich in dem Schuh ein Menschlicher Fuß befindet bestätigt sich. Er passt zu der gefundenen Leiche, doch es ist eindeutig nicht Leos Fuß. Wer also ist der Tote aus den Marschen? Eine zweite Leiche wird freigelegt als man Trasks Tochter aus einem unter Wasser liegenden Stacheldraht befreit. Der weitaus stärker verweste Tote ist vermutlich Emma Darbys Exfreund Mark Chapel. Hunter, dessen Zuneigung zu Rachel immer weiter wächst läuft Gefahr ein zweites mal von dem Fall ausgeschlossen zu werden. Dieses mal wegen Befangenheit, denn auch Darbys Familie rückt jetzt in den Fokus der Ermittlungen.


Zunächst einmal möchte ich anmerken das ich den fünften David Hunter Fall wirklich sehr genossen habe, auch wenn er etwas mehr Zeit benötigte um fahrt aufzunehmen. Doch ungefähr ab der hälfte des 550 Seiten starken Buches wird es dann rasanter, alles geht plötzlich ganz schnell, eine Leiche nach der anderen taucht auf. Die losen Fäden und Verstrickungen der Charaktere fügen sich immer besser in einander, um dann ein Ende zu offenbaren mit dem selbst ich als erfahrene Krimileserin nicht gerechnet hätte. Allein mit seinen Worten gelingt es Beckett Bilder der mystischen Backwaters, mit den kleinen schlammigen, verschlicken Kanälen und Flussmündungen in mir wachzurufen. So das auch ich mich nach der Stille der Salzmarschen zu sehnen beginne. Aber nich nur der ausführlichen Beschreibung der Landschaft misst er Bedeutung bei, auch seinen Charakteren versteht er es Leben einzuhauchen. Sie alle haben ihre eigenen Geschichten und Laster, das macht das lesen so viel interessanter. Und gerade durch die Vielzahl an medizinischen Fachausdrücken, dank derer ich einen guten Eindruck in die Forensische Medizin bekomme, lässt die Arbeit seines Hauptprotagonisten und ich Erzählers Dr. David Hunter noch realistischer anmuten. Gibt es überhaupt etwas an dem ich mich bei „Totenfang“ gestört habe? Nun ja, stellenweise ist es doch recht langatmig, besonders in der ersten Hälfte. Ach und die romanische Beziehung zwischen Hunter und Rachel hätte wegen mir wirklich nicht sein müssen, ich mag ihn als Einzelgänger doch am liebsten. Vielleicht ist er bei seinem nächsten Fall wieder mehr Leichenbeschauer, als Zuhörer und Retter in der Not.


Und ja, mit „Totenfang“ hat Beckett meine liebe zu seinen Büchern wieder neu entfacht. und ich hoffe und wünsche, das er nicht noch einmal so viel Zeit verstreichen lässt.

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